Uruguay

Ohh, mein kleines Uruguay.
Eingezwängt zwischen deinen dicken Nachbarn Argentinien und Brasilien hast du es dir recht gemütlich gemacht am Rio de la Plata, mit deinen 660km Küste und 3 Millionen Uruguayos*as, von denen sich mehr als die Hälfte alleine um Montevideo zusammenballen, einer gechillten, sehr grünen aber in Teilen auch recht roughen Stadt.
Deine Geschichte ist recht jung, und holprig (wie so oft in SA). Erst kamen die Spanier, dann die Portugiesen. Dann wie üblich die Schlägerei. Und Eroberungsversuche durch Goliathse (Argentinien, Brasilien). Du hast dich erfolgreich gewehrt und dich 1828 für unabhängig erklärt. Nach zwischenzeitlichen Problemchen (Guerilla, Staatsstreichen und Diktatur) kamst du 1985 zur Demokratie zurück. Well done!! Nur die Indigenen blieben auf der Strecke, sie wurden fast komplett ausgelöscht (nur im letzten Winkel des Landes gibt es noch wenige „charrúas“).
Heute gehörst du zu den stabilsten, demokratischsten und tatsächlich auch wohlhabendsten Ländern in Lateinamerika.
Deine Bewohner lieben Fleisch, Zucker, Mate (immer dabei, die Thermoskanne muss irgendwie zwischen Torso und Oberarm verwachsen sein) und ihren liebgewonnenen Campingstuhl, den sie in choreographierten Paraden zusammen mit Schirmen (ja, sinnvoll, Schatten am Strand ist überbewertet) und Kühlboxen an den Strand befördern, ein Schauspiel das wir mit Staunen und Faszination beobachten. Aber auch random downtown werden die Klappgeräte positioniert, im Park oder direkt an der Straße, einfach zum relaxen oder um sich die Karnevalsparade anzuschauen. Die geht immerhin auch mal locker 4-5 Stunden. Ein echter Allrounder also! Wir haben dennoch auf den Erwerb eben dieser Sitzgelegenheiten verzichtet. Verträgt sich nicht ganz so gut mit unserem Light-Packing… Und tja, wer keinen Stuhl sein Eigen nennt muss sich eben für die Desfile (die Parade, welche den Beginn deines – mit mindestens 40 Tagen weltweit längsten – Karnevals einläutet) einen erkaufen. (done!)
Finanziell hast du es uns wahrlich nicht leicht gemacht, denn trotz vergleichsweise stabiler Währung bist du das teuerste Land auf dem Kontinent. Und tatsächlich eines der teuersten Länder der Erde. Transport (Bus), Unterkunft, Essen: wir mussten oft dreimal rechnen, fast wia am Viktualienmarkt. Wir haben uns gefragt: wie schaffen das deine Kinder, die im Mittel nur ca. 860 USD im Monat verdienen? Viele sicher nur mit viel Flexibilität und großen Einsparungen, einige gar nicht, denn wir haben auch sehr viel Armut und Obdachlosigkeit gesehen.

Du bist also wahrlich kein Land für Backpacker. Alleine um möglichst viel von dir zu sehen benötigt man unzählige Busfahrten (auf dem holprigen Strassengewirr) oder alternativ ein gemietetes Vehikel. Für Beides muss man tief ins Reisetäschchen greifen.
Apropos Geld.
Wir hatten uns informiert. Man käme bei dir totally easy an Bargeld, lasen wir. Der ATM würde sogar USD ausspucken, lasen wir. Computer Sagt Nein … alle Automaten verweigern uns Geld. Keine Pesos, keine USD (hätten wir doch so gerne für Argentinien gehabt). Für unseren Besuch bei dir haben wir am Ende live Euro in Pesos getauscht. Deine Kartenzahlung funktioniert dagegen reibungslos inkl. Abzug der MwSt (IVA) von 22% (Bonus für Touristen). Das klappt leider trotzdem nicht immer, und wir sind bis zum Schluss etwas ratlos weshalb…
Was uns wirklich oft an den Rand der Verzweiflung gebracht hat: dein (uns unverständlicher) Sinn für Kulinarik! Carne, Hamburguesas + Choripan + Chivito + Bauru (alles weitere Abwandlungen von Fleisch), Pizza, Empanadas, Süßzeug. Ende. Dabei Alles noch mindestens so teuer wie in good old Europe. So sind wir dann oft im supermercado gelandet. Oder haben – wie auf dem camping – selbst gekocht (!!).


Das wird fast gut: Polenta und Pasta. Zudem ein kleines Highlight: als es den ganzen Tag durchregnet machen alle zusammen Pizza. (Pizza = Highlight = Verzweiflung) Unsere Rolle ist eher passiv: Tomatenschnippeln und Käsereiben (ungefähr 1 kg).
Achja, dein Käse nennt sich Muzzarella. Lass dir sagen, der Name bleibt leider die einzige Ähnlichkeit. Ein fester, gelber, kantiger Block aus Material. Wir zeigen den argentinischen Pizzabäckern ein Bild eines „echten“ Mozzarellas. Staunen. „Queso Fresco“ wird geurteilt. Gehört NICHT auf die Pizza, eh klar.
Und schließlich sind da noch Dinge, die können wir dir einfach nicht verzeihen. Was hast du unserem guten alten Naturjoghurt angetan? Was um Himmelswillen macht da immer dieser Zucker drin? Und auch Gelantine hat da nichts zu suchen. Liegt es an den vielen Rindern? Überschuss? Wo ist Haribo?? Uns bleibt es ein Rätsel. Bis auf eine Ausnahme sind wir daran gescheitert, einen wirklichen „Jogur Natural“ aufzustöbern, der nicht nach Läutersirup schmeckt.
Danksagungen:
Wir danken den vielen gratis Museen und dem Carnaval, dass sie uns so prächtig und vor Allem umsonst unterhalten haben.
Und ein kleiner Exkurs zu deiner Tierwelt *der Lebendigen* (für Annika):
In Punta del Diablo hatten wir einen Tag lang Räder und konnten damit in den Nationalpark Santa Teresa strampeln. Dort durften wir unseren Erstkontakt mit den Capybaras genießen. Groß sind sie! Und schnell, wenn sie möchten.
Sonst gab es noch ein paar eingesperrte Hühner sowie ein paar „Freigänger“, z.B. ein Wildschwein und einen Pfau. Und viele viele Vögel. Sogar einen Kolibri als Camping-Nachbarn. Winzig und doch so laut, erstaunlich.