Patagonia

Es ist wirklich atemberaubend schön hier. Der Landschaft fehlt jeder Maßstab. Kilometer verlieren sich in der unerschlossenen Weite. Gewaltige Bergrücken tarnen sich als kleine Hügelkuppen. Gelbgrüne Steppe schichtet sich vor türkisblauen Seen, im Hintergrund gewaltige Felsformationen mit spitzen Zähnen und zuckrigen Spitzen.

Nach einem größeren Sprung finden wir uns plötzlich in dieser völlig neuen Szenerie wieder. Vieles hat man über Patagonien gelesen, (filmisch) gesehen, gehört. Alles trifft zu, und man ist überwältigt.

Als unser erstes Zuhause haben wir El Calafate gewählt, benannt nach einer in diesen Breiten heimischen, runzligen Beere. Es ist ein recht netter und langweiliger Ort, der durch seine großflächige und recht zufällige Anhäufung von Hotels, Restaurants und Tourenanbietern besticht. Überhaupt befällt einen das Gefühl, dass er seine Existenz rein der Funktion als Einfallstor zum nahen Perito-Moreno-Gletscher verdankt. Ein iconic must-see. Haben wir natürlich gemacht. Hier entlang bitte.
Es waren superschöne Tage, die wir durch die Landschaft spazierend verbrachten. Und ab und an haben wir uns sogar einen Kaffee geleistet.

Sich in diesem entlegenen Teil der Erde aufzuhalten, sich zu bewegen, zu ernähren ist erwartungsgemäß ein kostspieliges Vergnügen. Die Wucht der Preise hat uns dann aber doch überrascht, denn Transport, Eintrittsgelder und Nahrungsmittel (Panaderia, Cafeteria…) haben sich offenbar im letzten Jahr teilweise nahezu verdoppelt.

Sehr oft haben wir in unseren Hostels selbst etwas zusammengebrutzelt, das unter normalen Bedingungen nicht einmal als Experiment durchginge, um das Budget aus „Transport – Unterkunft – Verpflegung“ einigermaßen in Balance zu halten. (Und selbst das ist uns manchmal nicht gelungen, wenn z.B. größere Transporte anstanden.) So fanden wir uns einmal am Busbahnhof Calafate stehend wieder, mit einer zusätzlichen Riesentüte voll von zum Überleben gedachter Lebensmittel, weil es im nächsten Reiseziel – dem Oberhipsterwandertrekkingdorf – einfach noch teurer ist.

Kleine süße Leckerlis a la Tarta de Dulce de Leche halfen aber immer, um bei Laune zu bleiben.

Nach unser Gletscherexpediton ging es dann per Bus weiter nach El Chaltén, seinerseits bekannt als Basecamp für unzählige atemberaubende Wanderungen im NP Los Glaciares und Besteigungen des Fitz Roy und des Cerro Torre. (nächstes Mal dann) Trotz seines fames hat der Ort es geschafft, entspannt und beschaulich zu bleiben. Es gibt Grillstuben (Parillas) hier, Cafeterias, hoteles / hostales / campamentos in jeglicher Größe und Ausführung, Tourenanbieter, HappyHours. That‘s it. Und ein nie endender Strom an wandergierigen Touristen, von denen einige besser vor Reiseantritt noch einen Einsteigerkurs beim DAV besucht hätten.

Leiderleiderleider mussten wir in Chaltén ein Zimmer in einem richtigen HOTEL beziehen (weil beste Option). Notgedrungen akzeptierten wir unser Schicksal, widerwillig nutzen wir unser eigenes Bad (!) und das tägliche Frühstück (!!). Und während des Wintereinbruchs mit romantischem Schneeregen konnten wir wirklich das Beste aus dem vollkommen überheizten Schwimmbad herausholen.

Aber es ist Regen aufgezogen im Paradies: im Oktober 2024 wurden die Eintrittspreise in den Nationalpark massiv erhöht (auf 45.000ARS, wir berichteten) und zur Kontrolle derselbigen an strategischen Punkten kleine Hütten im Park aufgebaut. Seitdem hat sich ein lustiges kleines Spiel zwischen Wächtern und Touristen entwickelt, mit dem Ziel diese Gebühren zielstrebig zu umgehen: durch unmenschlich frühes „Loswandern“, durch kreatives „Umwandern“ und superspätes „Heimwandern“, denn die Hütten sind nur von ca. 8 bis 18 Uhr besetzt. Weiß halt jeder.
Die Bevölkerung ist auch nur mittel begeistert von den Neuerungen, und es haben sich bereits örtliche Kampagnen gebildet (‚montañas libres / freie Berge‘), da ein Ausbleiben der Gäste befürchtet wird. Von den 45.000ARS sehen die Leute vor Ort zumindest keinen Cent.

Nach 5 aussergewöhnlichen Tagen hatten wir beinahe jeden Pfad durchwandert (hier ein kleines Appetithäppchen), jeden Mirador besucht und keinen Pesos Eintritt gezahlt. Und sind mit unvergesslichen Eindrücken weitergezogen.

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